Florida hat viele Gesichter. Abseits der beliebten touristischen Attraktionen mit ihrem schier endlosen Angebot an Stränden, Freizeitparks, Restaurants und Bars gibt es auch ein anderes, altes und wildes Florida. Die Everglades, auch „Fluss aus Gras“ genannt, sind das größte subtropische Wildnisgebiet der USA. Der Autor begibt sich auf Spurensuche in den Süden des Sunshine-State und begegnet Python-Jägern, Alligatoren, Haien und Hemingways Sechs-Zehen Katzen.
Text Paul Kretschmar Fotos Paul Kretschmar, Adobe Stock (gnagel)
Ich selber begebe mich nicht auf Python-Jagd, sondern versuche es erneut mit dem Angeln. Direkt vor meiner kleinen Unterkunft, die wegen der großen Gezeitenunterschiede auf Stelzen gebaut ist, befindet sich ein Steg mit dem großen Warnschild „Beware of the alligators“. Hier versuche ich es und fange bald einen Sheephead, mehrere Mangrove-Snapper, und habe auch Bisse von Bullenhaien, denen auch solide Vorfächer nicht gewachsen sind. Das Gewässer hier lädt wahrlich nicht zum Schwimmen ein. Es ist eine für Badende tödliche Melange verschiedener maritimer Gefahren, da einerseits das Salzwasser aggressive Bullenhaie aus dem Meer heranträgt, während das zufließende Süßwasser aus dem Fluss-Delta Heimat großer Alligatoren ist. Eines dieser Exemplare taucht gelegentlich direkt vor dem Steg mit seinem langen Kopf aus dem Wasser und sichert zu mir herüber, wohl mit dem Wunsch, mir meine Beute streitig zu machen.
Die gefangenen Fische lasse ich mir abends mit einem Gator-Bait-Bier schmecken und lausche den Liedern von Jim Stafford. Mit einem herrlich-kitschigen Sonnenuntergang, wie es ihn so wohl nur in Florida gibt, geht diese Reise zu Ende...