Text Prof. Hans-Dieter Pfannenstiel
Foto Adobe Stock (achkin)
Die Nachkommen von Endoparasiten müssen ins Freie gelangen und irgendwie neue Wirte finden. Es gibt bei Endoparasiten keine Brutpflege. Eltern haben keinen Einfluss auf nach außen abgegebene Eier oder Larven. Die evolutive Antwort ist ebenso einfach wie genial: Riesenmengen an Nachkommen. Motto: Ein paar werden schon durchkommen. Die Entwicklungszyklen von Endoparasiten gehören zu den abenteuerlichsten Kapiteln der Evolution. Das Beispiel des Kleinen Leberegels (Dicrocoelium dentriticum), der zu den Saugwürmern (Trematoda) gehört, verdeutlicht das.
Der 5 bis 10 mm lange Kleine Leberegel hat zwei Saugnäpfe. Die Zwitter sind lanzettförmig und heißen deshalb auch Lanzettegel. Sie leben als geschlechtsreife Erwachsene in Gallengängen oder in Gallenblasen von Weidegängern wie Schaf, Rind oder Reh. Sie richten dort keine nennenswerten Schäden an, allerdings müssen befallene Lebern von Schlachttieren verworfen werden.
Hunderte Eier werden von jedem Leberegel abgegeben und über Gallengang, Dünndarm und Dickdarm mit dem Kot des Wirtes ausgeschieden. Im Ei hat sich bereits eine Wimperlarve (Miracidium) mit einer festen Hülle entwickelt. Auf feuchten Wiesen leben Landlungenschnecken, die u. a. Kot von Weidetieren fressen. So können die Eier zufällig von Schnecken gefressen werden. Im Darm der Schnecken, erster Zwischenwirt, schlüpfen die Miracidien mit Hilfe eines Bohrstachels aus ihrer Hülle und wandern in die Mitteldarmdrüse der Schnecke. Aus sog. Keimballen, von denen sich bereits in einem Miracidium jeweils zwei entwickelt hatten, entstehen sog. Muttersporocysten. Aus deren Keimzellen entwickeln sich viele Tochtersporocysten. Diese besitzen eine Öffnung, durch die bis zu vierzig Cercarien abgegeben werden können, die s...