Text Prof. Hans-Dieter Pfannenstiel
Foto Julia Kauer
Brutpflege ist bei Seeigeln ein Fremdwort. Eier und Spermien werden einmal im Jahr einfach ins Meerwasser abgegeben. Die sich aus den befruchteten Eiern entwickelnden Larven und die später daraus hervorgehenden jungen Seeigel müssen ohne jede elterliche Fürsorge alleine zurechtkommen. Um die Befruchtung sicherzustellen, müssen die Gameten (Fortpflanzungszellen) von beiden Geschlechtern zumindest zeitlich, besser aber auch räumlich koordiniert abgegeben werden. Äußere Reize, sog. Zeitgeber, wie bspw. Licht, Tide, Temperatur oder Mondphase synchronisieren das Ablaichen vieler Meerestiere. Die befruchteten Eier und die sich daraus entwickelnden schwimmenden Larven sind Bestandteile des Meeresplanktons und bei vielen anderen marinen Arten als Futter heiß begehrt. Wenn also trotz fehlender Brutpflege wenigstens ein paar Larven sich am Boden festsetzen und zu jungen Seeigeln werden sollen, was ja unbedingt notwendig ist, wenn die Art nicht aussterben soll, dann muss bei komplett fehlender Brutpflege und hohem Prädationsdruck am Anfang mit einem Riesenüberschuss gearbeitet werden. Entsprechend geben Seeigelweibchen zigtausende Eier und Männchen viele Millionen Spermien ab.
Seeigel und Mensch sind Extrembeispiele hinsichtlich ihrer Reproduktionsstrategien. Sie stellen sozusagen die beiden Endpunkte dar, wenn man die Verteilung von r- und K-Strategie im Tierreich als Skala ansieht. Dazwischen gibt es alle möglichen Übergänge, und die relativen Unterschiede zeigen dann je nach Art eher in die eine oder die andere Richtung der Skala. Vergleicht man bspw. Wildschwein und Rothirsch, dann tendieren Sauen eher in Richtung r-Strategie (etwa 10 Jahre Lebensdauer...