Text: Josef Duregger
Fotos: Josef Duregger, Erich Marek, Anton Erlacher
Wer die großen Harmonien der Natur erleben will, braucht innere Ruhe und Gelassenheit, dazu die Leidenschaft des Suchenden, des Wartenden. Dann kommt als Geschenk sozusagen ganz unerwartet pulsierendes Leben in den Blick. Die geschulten Sinne nehmen täglich neue Wunder wahr und erfreuen sich am einmaligen Farbspiel und am Duft einer Blume ebenso wie an der imposanten Erscheinung eines kapitalen Steinbocks, am Ruf des Kuckucks oder dem himmelstürmenden Flug des Falken. Alles dient dazu, die Seele zu stillen in ihrem Drang nach Erfüllung und Glück. So wie der Zauber der Musik oder die Literatur den Menschen auf eine ganz individuelle Weise der Banalität des Alltags entrücken, genauso verschenkt sich die Natur jenseits vom Lärm der Zeit im Überfluss an den stillen Betrachter. Und genau das macht auch den Reiz der Jagd aus. Jagd ist immer Aufbruch zu den Wurzeln des Lebens.
Wiederholte Male lud uns Jonathan, der Pächter der Eigenjagd Oberhaidacheralm, zur Gamsjagd in sein Revier ein, das er seit einigen Jahren zu seinem Sommerparadies auserkoren hat. Und tatsächlich – am 7. November 2013 war es soweit. Am Vorabend erfuhren Hans und ich, dass er uns eine Gamsgeiß freigab. Hans kennt das Revier seit seiner Zeit als Bezirksjagdaufseher wie seine eigene Westentasche, und so überließ uns Jonathan die Schlüssel seiner Hütte und jenen der Schranke für die Zufahrt zu derselben. Wir starteten um sieben Uhr in Gais Richtung Percha und ins Talile hinein. Das Wetter versprach, wie vorhergesagt, Sonnenschein. Und tatsächlich tat sich gleich hinter der ersten Almhütte ei...