Eigentlich eignet sich so gut wie ganz Deutschland für Besiedelung durch den Wolf. Das ist das wichtigste Ergebnis einer vom Bonner Bundesamt für Naturschutz (BfN) vorgelegten wissenschaftlichen Studie. Es heißt dort: "Wölfe sind absolute Habitatgeneralisten, die potenziell fast die gesamte deutsche Landschaft in ihrer Vielfalt nutzen könnten“.
Ging man bisher von maximal 440 Wolfsterritorien in Deutschland aus, sagen die Wissenschaftler jetzt, dass es 700 bis 1400 geeigneter Territorien gibt (jeweils 200 qkm groß). Denn die Wölfe könnten auch in reinen Agrarlandschaften mit intensiver menschlicher Nutzung leben. Das zeigten die neueren Entwicklungen. Und Wild gebe es ohnehin genug. Das zeigten die Abschusszahlen.
Die Wissenschaftler sagen voraus, dass die Wölfe wahrscheinlich kommen. Und wie eine Drohung hört es sich an, wenn sie schreiben, es sei sinnvoll, "sich auch in den noch nicht von Wölfen besiedelten Gebieten bereits auf deren Rückkehr mit Managementmaßnahmen, insbesondere die Umsetzung von effektiven Herdenschutzmaßnahmen, vorzubereiten.“ Fazit: Die Gesellschaft soll hinnehmen, dass es so kommt. Das BfN empfiehlt in seiner Pressemeldung zur Studie nicht, dass sich die Politik Gedanken über die soziale Akzeptanz dieser Entwicklung machen sollte, die 7.000 bis 14.000 Wölfe in Deutschland zur Folge haben könnte. Man empfiehlt stattdessen frühzeitige Maßnahmen zum Schutz des Weideviehs.
Der Deutsche Jagdverband warnte davor, diese Modellrechnung politisch zu missbrauchen. Wie viele Wölfe in Deutschland leben können, sei weniger eine biologische als eine gesellschaftspolitische Frage. Sinnvoll wäre eine ergänzende sozioökonomische Studie, um den Akzeptanzbestand für den Wolf zu ermitteln. Es sei schwer nachvollziehbar, dass sich eines der am dichtesten besiedelten Industrieländer die weltweit größte Wolfsdichte leistet. Auf der Basis der offiziellen BfN-Zahlen würden schon im Frühsommer rund 1.800 Wölfe in Deutschland leben.
Der Deutsche Bauernverband sieht das Ende des Weideviehs. „Mit einem Wolfsbestand in dieser Größenordnung würde die Weidetierhaltung zur Wolfsfütterung degradiert und die ländlichen Räume werden auf die Bereitstellung von Wolfshabitaten reduziert. Es ist unverantwortlich, sich so weit von der Realität im ländlichen Raum abzukoppeln und der Bevölkerung und den Weidetierhaltern über solche Planspiele eine faktisch unbegrenzte Ausbreitung des Wolfes aufzuoktroyieren. Der gute Erhaltungszustand des Wolfes in Deutschland und den Nachbarländern ist längst erreicht“. Der Verband fordert den „Einstieg in ein Bestandsmanagement beim Wolf“, sprich, eine ganz normale Bejagung zur Erhaltung einer tragbaren Dichte der nicht-gefährdeten Spezies Canis lupus. rdb
Studie: https://www.bfn.de/.../Dokumente/skripten/Skript556.pdf
Bildquelle: https://www.bfn.de/.../Hintergrundpapier...
Je dunkler die Schraffierung, desto besser ist das Gebiet für Wölfe geeignet. Auch die Küste und das Gebirge soll sich auf den Wolf einstellen. Weiße Gebiete sind die Ausnahme.