Only a warm gun will make a waterfowler's day.
– Bill Buckley
Text: Paul Kretschmar, Dr. Franz Kretschmar
Bilder: Paul Kretschmar
„Wie bitte?“, frage ich die Hotel-Rezeptionistin. „Ja, wir haben Sie leider nicht im System. Ihre Zimmer sind erst in drei Tagen frei!“, sagt sie in gebrochenem Englisch. Ratlos schauen wir – meine beiden Brüder, mein Vater und ich, uns an. Da stehen wir nun. Spätabends an der Rezeption des kleinen Hotels „Villa Theresa“, mitten in einem Waldgebiet in Nordost-Estland. Und der Jagdvermittler in Deutschland ist trotz mehrerer Anrufe und Textnachrichten nicht zu erreichen. Eins ist klar: Irgendetwas läuft hier verdammt schief … Aber der Reihe nach.
Zehn Stunden zuvor waren wir an einem goldenen Oktobertag bei 25 Grad und strahlendem Sonnenschein in Deutschland gestartet. Die Zollkontrolle der Flinten am Münchner Flughafen gestaltete sich problemlos. Spätnachmittags landeten wir bei kühlen 10 Grad und starkem Wind auf dem modernen Lennart Meri-Airport in Tallinn. Mit an Bord waren viele Fans der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die am nächsten Tag hier ein Länderspiel gegen Estland bestritt. Unser Ziel ist das Hinterland der estnischen Nordküste, nahe der alten Deutschordensstadt Rakvere, wo alljährlich abertausende Gänse auf ihrem Zug gen Süden rasten. Hoffentlich auch dieses Jahr …
Der alljährliche Vogelzug, die saisonale Migration von Millionen von Vögeln, ist eine der größten Tierwanderungen auf unserem Planeten. Er stellt zahlenmäßig selbst die riesigen Wanderbewegungen der Streifengnus und Steppenzebras in der Serengeti in den Schatten, obwohl er weitestgehend unbemerkt abläuft. Denn die meisten Zugbewegungen der Vögel finden nachts statt. Tagsüber rasten die Wandere...