Jagden im hohen Norden des amerikanischen Kontinents sind der Stoff, aus dem Träume gemacht sind. Zumindest dann, wenn es weit ins Hinterland geht und Mutter Natur die Fäden in der Hand hält. Dann wird der Mensch klein und muss kämpfen, um seinen Platz zu behaupten. Und um vielleicht am Ende einen kapitalen, alten Schaufler zu erbeuten.
Text A. Schlütter Fotos A. Schlütter & Jonas Gangås
Völlige Stille. Pochender Herzschlag. Unser Atem dampft in der kalten Abendluft. Die Hände zum Becher geformt, versuche ich die Ohrmuscheln zu vergrößern, um mehr zu hören. Doch es bleibt ruhig.
Mein Einschlagen auf einen Weidenstrauch mit dem Schulterblatt eines Karibu hallt laut. Wir verharren weiter. Lauschend. Dann durchbricht – endlich – ein leises, aber klares, kurzes „Uaaaaaah” die gespenstige Ruhe. Ein weiteres tiefes „Uaaaaah” folgt, als käme der Ruf aus einem tiefen Abgrund. Kein imposantes Röhren, wie das des deutlich geringeren Rothirsches, das nach Anspruch über den gesamten Wald klingt. Oder der wilde, wütend pfeifende „Buugle”-Schrei des Wapiti-Bullen. Der Brunftruf des größten Vertreters der Hirschfamilie ist fast etwas zaghaft und monoton. „Grunt“ nennen die Amerikaner diesen Ruf. Es ist mehr ein nasales Grunzen als ein Ruf und doch ist er urig und kraftvoll. Der mächtige Elchbulle imponiert mehr durch sein wütendes, lautes Fegen seiner mächtigen Schaufeln.
In dieser stillen und kalten Luft durchdringt der Grunt das Silentium fast wie ein Beben und aus der Nähe kann man den kraftvollen Ton beinahe spüren. Unser Hoffnungsbarometer schießt nach oben. Wir halten Deckung und gehen dem Bullen vorsichtig entgegen. Alle paar Schritte lasse ich einen Grunt ertönen und schlage heftig auf das Gestrüpp um mich herum ein. Ich lasse den Bullen wissen, dass ich nicht zurückweiche un...