Bei unseren Nachbarn gibt es eine Tradition, die jeden Winter von einer kleinen Minderheit der Franzosen gepflegt wird: die Parforcejagd. Wir durften eine solche begleiten und Einblick in jahrhundertealtes Kulturgut erlangen.
Text & Fotos Anna Lena Kaufmann
Dreißig Hunde. Zwölf Reiter. Vier Stunden. (K)ein Reh. Heute ist Jagdtag, und die Jagdgesellschaft („Equipage des Petites Landes Capucins“) trifft sich in den Wäldern der Gironde zur traditionellen Hetzjagd (Vénerie) zu Pferd. Es gibt wohl kaum eine Jagdart, die umstrittener ist. Hierzulande ist sie aus ethischen Gründen seit 1934/36 verboten. Wer sie einmal erlebt hat, wird schnell merken, dass die chasse à courre (wie sie auch genannt wird) zwar immer noch stark rituell geprägt, jedoch längst nicht mehr so blutig ist. Im Gegenteil. Traditionen, Bräuche, Etikette – die alten Sitten der Jagdreiterei erscheinen weder antiquiert noch abschreckend. Auch wenn es paradox klingen mag: Das Wohl aller beteiligten Tiere (Pferd, Hund, Wild) steht an erster Stelle. So wird während eines Jagdtages grundsätzlich immer nur einem einzelnen Stück nachgestellt.
Eine Parforcejagd wird nach strengem Reglement durchgeführt; der Ablauf ähnelt dem einer Treib- oder Drückjagd. Zu Beginn sammeln sich alle Beteiligten, es folgen Ansprache und Begrüßung nebst Fanfaren. Die Jagdgesellschaft muss von einem Leiter geführt werden, der Jagdscheininhaber ist. Im Anschluss begibt sich die Korona ins Revier (analog zum Einnehmen der Stände) – wiederum unter Begleitung von Hörnersignalen. Die Jagd endet, wenn das Stück zur Strecke kommt oder die Hunde die Fährte – trotz Hilfe der Equipage – verl...