Text Prof. Dr. Dr. habil. Sven Herzog
Bilder Doris Krabel
Die Älteren unter uns wissen es noch: Es gab eine Zeit, da ging am 16. Mai „der Rehbock auf“. Die Jagd auf den „roten (!) Bock“ war seinerzeit für viele die wichtigste jagdliche Aktivität und das erste Jagderlebnis im gerade begonnenen Jagdjahr.
Nun, so ganz stimmt das nicht: Da war noch der Schnepfenstrich im zeitigen Frühjahr, den die (heute meist) ganz Alten unter uns auch noch kennen. Bis dann aktivistische Wissenschaftlerkollegen zusammen mit frühen Naturschutz-NGOs in den 1970ern dafür sorgten, dass diese ausgesprochen schonende und nachhaltige Jagd in Deutschland verboten wurde.
Wie auch immer: Der Frühsommer war und ist für die meisten immer noch vor allem die Jagd auf den Rehbock. Und der sollte verfärbt und verfegt haben, daher der 16. Mai (in Bayern war es irgendwann sogar einmal der 1. Juni). „Verfegt“ hatte aus damaliger Sicht den Grund, dass das Rehgeweih vollständig beurteilbar war. Eine Vorstellung, die dem einen oder anderen Vertreter des „Zahl vor Wahl“ geradezu absurd anmuten mag.
Dass der Rehbock auch das „Verfärben“, den Haarwechsel in die Sommerdecke abgeschlossen haben sollte, wäre auch heute immer noch ein guter wildbrethygienischer Grund. Wer schon mal ein Stück Rehwild während des Haarwechsels aufgebrochen hat, kennt das: Der Situs ist voller Haare und damit voller Bakterien.
Aber um all das geht es heute nicht. Es geht vielmehr darum, dass seit den 1970er Jahren die Jagdzeiten auf die Schalenwildarten kontinuierlich im Sinne einer Salamitaktik immer weiter zum Frühsommer und Frühjahr hin ausgedehnt wurden, mittlerweile sind wir in etlichen Bundesländern bereits beim 1. April (Rehböcke und Schmalrehe) angekommen. Gründe fanden sich immer irgendwie, von Angleichung an die Jagdzeiten in den d...