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Braucht Afrika die Jagd?

Leseprobe afrika
Dr. Rolf D. Baldus | 20 Min. Lesezeit
Ein Artikel aus Ausgabe 1

Trägt Jagd dazu bei, Wildbestände zu schützen, sie zu erhalten? Dieser literarische Leitfaden zur Jagd in Afrika, aus der Praxis geboren, in Jahrzehnten durchlebt, führt Sie ganz pragmatisch, und zugleich kritisch nach innen wie außen, zu den wichtigen Fragen und den entscheidenden Antworten, wenn Sie mal wieder erklären sollen, warum Sie zur Jagd nach Afrika fahren.

Text: Dr. Rolf D. Baldus, Kommission Tropenwild im Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC)
Fotos: Sean Lues, Rudi Hahn

 

Grzimek und seine Erben

Seit „Serengeti darf nicht sterben“, dem 1959 veröffentlichten Bestseller von Professor Bernhard Grzimek, bewegt die mannigfaltige Tierwelt Afrikas die Menschen in aller Welt. Die Tiere der Serengeti schienen damals vom Aussterben bedroht, und TV-Star Grzimek rief eine höchst erfolgreiche „Hilfe für die bedrohte Tierwelt“ ins Leben. Noch heute denkt die deutsche Öffentlichkeit zuallererst an Bedrohung und Spendentöpfe, wenn sie von Elefanten, Antilopen und Leoparden hören: Ein Erbe der Menschheit, das vor Verfolgung geschützt und dessen Überleben durch Spenden finanziert werden muss.

Die Grundannahme dabei ist, die Wildbestände seien überall in Afrika bedroht und im Rückgang begriffen. Als Hauptgefahr wird jede Form der Nutzung angesehen, sei sie illegal als Wilderei oder legal als kontrollierte Jagd. Als einzige Form unschädlicher Nutzung gilt in der öffentlichen Meinung, wenn Touristen im Minibus und mit der Videokamera durch Nationalparks fahren. Fast alle Tierfilme im Fernsehen verfestigen diese Bilder in den Köpfen der Menschen. Natürlich hält sich jeder, der im Pantoffelkino diesen Sendungen folgt, für einen großen Tierschützer. Allerdings hilft es den Elefanten, Löwen oder Schimpansen nicht, wenn gut über sie gedacht wird.

Der „Großwildjäger“ ist demgegenüber in der Öffentlichkeit eher negativ besetzt. Das sind doch die Burschen, die bedrohte Tiere totschießen. Dabei ist der Jäger einer der ganz wenigen Leute, die für den Erhalt der Tierwelt bares Geld bezahlen. Sicher, auch ein Fototourist bezahlt Eintrittsgelder, wenn er einen Nationalpark betritt. In vielen Fällen (nicht in allen) reicht dieses Geld aber noch nicht einmal aus, um die Kosten des Tourismus zu bezahlen, geschweige denn, dass es viel zum Unterhalt der Parks beiträgt. Fast alle Nationalparks in Afrika sind deshalb auch hoch defizitär.

Nun sind in der Tat weite Landstriche, vor allem in West- und Zentralafrika, vom Wild entvölkert, einzelne Tierarten sind in ihren Beständen stark reduziert oder an den Rand des Aussterbens gebracht worden. Abgesehen von Sonderfällen, wie Bürgerkriegen, liegt die Hauptursache für solche Rückgänge heute in erster Linie im Verlust von Lebensräumen der frei lebenden Tierwelt durch das Bevölkerungswachstum. Erst in zweiter Linie und regional sehr unterschiedlich, spielt die Wilderei eine Rolle. Sie ist fast immer kommerziell. Die romantische Vorstellung von Familienvätern, die wildern, um die Mäuler einer hungernden Kinderschar zu stopfen, ist überholt.

Wenn man bedenkt, dass Reisende, Jäger und Abenteurer, wie z.B. Carl Schillings („Mit Blitzlicht und Büchse“), schon vor über hundert Jahren die Befürchtung äußerten, dass Afrikas Wildbestände bald völlig ausgerottet sein würden, dann hat sich das Wild eigentlich gar nicht so schlecht gehalten.

in frisch ausgehobenes Wilderercamp. Das Fleisch wir geräuchert, dann abtransportiert und auf Märkten verkauft.

 

Nutzung versus Totalschutz

Der internationale Artenschutz kann mit „Erfolgsgeschichten“ aufwarten, z.B. der des Breitmaulnashorns, von dem es Anfang des Jahrhunderts in Südafrika nur noch etwa 30 Tiere gab. Inzwischen sind es wieder 18.000, und der Bestand ist gesichert. Ähnliches gilt für das Krokodil, dessen 23 Unterarten vor 30 Jahren allesamt als bedroht galten. Heute sind noch sieben Arten gefährdet. Möglich wurden solche Erfolge durch die Kombination von wirksamen Maßnahmen gegen unkontrollierte Übernutzung, mit sinnvoller, nachhaltiger Nutzung. Diese schafft einen materiellen Anreiz zur Erhaltung der jeweiligen natürlichen Ressourcen, mit dem Ziele ihrer dauerhaften Ausbeutung. Die Zukunft des afrikanischen Wildes wird deshalb von manchen auf die Formel „Nutzen oder Verlieren“ (Use it or Lose it) reduziert.

Jegliches Wild Afrikas muss einen Wert haben, um geschützt zu werden.

Ob Nutzung gut oder schlecht ist, hängt von ihrer Nachhaltigkeit ab. Dieser heute inflationär angewandte Begriff wurde von Georg Ludwig Hartig in die neuzeitliche Forstwissenschaft eingeführt: Die natürliche Ressource Wald soll zwar so hoch wie möglich genutzt werden, aber doch in einer Form, dass die Nachkommenschaft daraus wenigstens ebensoviel Vorteil ziehen kann, wie sich die lebende Generation zueignet. Kurzum: Man kann nicht mehr ernten, als nachwächst.

Dieser Gedanke prägt die internationale Naturschutzdiskussion seit 30 Jahren. Der international verwendete englische Begriff „Conservation“, ist mit „Naturschutz“ eben nur unzureichend übersetzt. Er beinhaltet Schutz, schließt aber die Nutzung nicht notwendigerweise aus. Er ist auch eine Grundlage der Konvention über Biologische Vielfalt und des dort begründeten „Rio-Prozesses“ mit seiner Verknüpfung von Umwelt und Entwicklung. Die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen stellt neben ihrem Schutz die zweite Säule der Konvention dar. Die Diskussionen und Verhandlungen werden aber von Wissenschaftlern und Politikern mit einer ausgeprägten Abneigung gegen die Nutzung von Wildtieren geführt. So war es auch kein Zufall, dass das deutsche Bundesumweltministerium als Gastgeber der CBD Vertragsstaatenkonferenz in Bonn im Mai 2008, nur den Schutz von Flora und Fauna auf ihre Fahnen geschrieben hatte.

 

Jagd kann bester Naturschutz sein

Damit nachhaltige Nutzung, einschließlich der Jagd nicht übersehen wird, schuf der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) den Markhor Preis, der seit Bonn auf Vertragsstaatenkonferenzen der CBD vergeben wird. Er soll Projekte auszeichnen, die durch die Jagd die biologische Vielfalt gefördert haben. Die seltene Markhor-Schraubenziege ist Namensgeber, da sie in Nordwest-Pakistan fast ausgerottet war, bis sie wieder bejagt werden konnte und die hohen Einnahmen nunmehr als Anreiz dienen, sie zu bewahren und nicht wegen ein paar Kilogramm Fleisch abzuschießen.

CIC-Präsident Dieter Schramm, sagte in Bonn bei der Preisübergabe an den tansanischen Selous-Niassa Wild-Korridor und das angrenzende Niassa-Wildreservat in Mosambik, im Mai 2008: „In vielen Ländern Afrikas haben die nachhaltige Jagd und der Jagdtourismus in den vergangenen Jahren Wildbestände erhöht und Artenvielfalt gesichert. Jagdverbote haben das Gegenteil bewirkt.“ Er rief die Regierungen Afrikas auf, die Erträge aus dem Jagdtourismus den Menschen vor Ort, die Seite an Seite mit den Wildtieren leben, zugute kommen zu lassen und somit in den Schutz des Wildes zu reinvestieren. „Erst dadurch wird die Jagd wirklich nachhaltig.“

 Der Exekutiv-Sekretär der Konvention über die Biologische Vielfalt, Ahmed Djoghlaf, würdigte den neu geschaffenen Preis: „Die nachhaltige Nutzung erneuerbarer biologischer Ressourcen, ist in besonderer Weise geeignet für die dauerhafte Bewahrung der Artenvielfalt. (...) Der CIC Markhor Preis für herausragende Leistungen beim Artenschutz durch nachhaltige Nutzung ist einzigartig, da er Personen, Institutionen und Projekte auszeichnet, die den Artenschutz mit der Sicherung menschlicher Lebensgrundlagen verbinden, und zwar durch Anwendung der Prinzipien der nachhaltigen Nutzung einschließlich der Jagd.“

Totalschutz – nein danke!

Auf die frei lebende Tierwelt in Afrika bezogen, bedeutet Nutzung die Gewinnung von Fleisch, Häuten, Hörnern oder Elfenbein, sowie Fototourismus und die Erlegung von Tieren durch Jagdgäste, die dafür ein Entgelt leisten. Die häufig angewandte Unterteilung in konsumtive und nicht-konsumtive Nutzung ist irreführend, da auch der vermeintlich „nicht-konsumtive“ Fototourismus die Ressource Naturraum verbraucht und sie als Massentourismus schwer schädigen kann. Kontrollierte Safarijagd als „konsumtive“ Nutzung hat demgegenüber meist eine geringere Naturbelastung zur Folge. Insofern verdient sie den heute vielfach irreführend benutzten Begriff „Ökotourismus“.

Wenn man Wildtiere nur aus der Perspektive des Nationalparkbesuchers kennt, dann hat das mit echter Wildnis nur bedingt etwas zu tun. Zudem hinterlässt der, als solcher verkaufte, sanfte Ökotourismus ziemliche Eingriffe durch die Erschließung der Naturräume.

Trotz der, bei großen Naturschutzorganisationen wie z.B. dem WWF inzwischen vorherrschenden Akzeptanz, der nachhaltigen Entnahme von Wildtieren, sei es durch kontrollierte Trophäenjagd oder durch die lokale Bevölkerung, gibt es in Westeuropa und den USA eine Vielzahl von finanziell starken Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen, die Wildtiernutzung in ihrer „konsumtiven“ Form generell, vor allem aber in Afrika, ablehnen und Lobbyarbeit zu deren Unterbindung betreiben. Geworben wird vor allem mit „kuscheligen“ Tieren wie Robbenbabies, da sie die Emotionen des Publikums bedienen und sich auf diese Weise besonders viele Spendengelder einsammeln lassen.

Selbst ein großes deutsches Nachrichtenmagazin, das sich allen journalistischen Regeln zum Hohn in Sachen Artenschutz ansonsten vorzugsweise aus Informationsquellen der Tierschutzszene bedient, wusste kürzlich zu berichten, dass Tiere unter Schutz zu stellen, oft genug das Aussterben nur beschleunigt.

Die Forderung nach generellem Totalschutz lässt sich in biologischer Hinsicht nicht wissenschaftlich rechtfertigen. Wirtschaftlich ist sie ebenfalls nicht plausibel, im Gegenteil. Arme Entwicklungsländer können sich Nutzungsverbote für vorhandene natürliche Ressourcen – von begründeten Ausnahmen abgesehen – nicht leisten. Wenn Wild keinen Wert hat, wird es außerhalb der Nationalparks Maisfeldern und Kühen weichen. Die bestenfalls ethisch, meistens aber ideologisch begründeten Anti-Nutzungskampagnen schaden deshalb ihrem vorgeblichen Ziel, nämlich der Erhaltung der Wildbestände. Es ist auch kein Zufall, dass diese Kampagnen von Personen und Gruppen in den reichen Industrieländern ausgehen, die selbst gar nicht betroffen sind und für die Konsequenzen ihrer Forderungen nicht einstehen müssen. Wer in einer deutschen Großstadt wohnt, der kann sich gut für den Totalschutz von Elefanten und Löwen einsetzen. Weder werden seine Felder zertrampelt, noch sein Vieh aufgefressen.

Löwen sind für den ausländischen Gastjäger eine spannende, wildromantische Art. Für die Einheimischen sind sie in erster Linie eine Bedrohung für Leib und Leben. Nur wenn die Bevölkerung vom gefährlichen Großraubwild profitiert, wird sie es tolerieren.

 

Naturschutz “gegen” oder “mit” Menschen

Auch außerhalb von Schutzgebieten darf in fast allen afrikanischen Ländern niemand Wild töten, es sei denn, er hat eine gültige staatliche Lizenz dafür. Ausnahmen gelten für die Abwehr von Schäden an Leben und Eigentum. Diese Schutzgesetze gehen noch auf die Kolonialzeit zurück, in Tansania z.B. auf die deutsche Gesetzgebung, die bereits kurz nach 1900 ein erstes Wildschutzgesetz erlassen hatte, das sich heute noch im Jagdgesetz widerspiegelt. Allerdings hat der Staat es nirgendwo vermocht, die gesetzlich unzulässige Nutzung zu verhindern. Wild galt und gilt überall als natürliche Ressource, die einen großen Teil der Versorgung mit tierischem Protein sicherstellt, insbesondere dort, wo die Tsetse-Fliege die Haltung von Nutzvieh verhindert. Es ist kein Zufall, dass z.B. in Kiswaheli das Wort „Nyama“ sowohl „Wildtier“ als auch „Fleisch“ bedeutet. Die Bedeutung des Wildes für die Ernährung in Afrika wird allerdings häufig übersehen.

Die illegale Beschaffung und Vermarktung von Wildfleisch und Trophäen ist Teil des informellen Wirtschaftssektors und wird durch private Kleinunternehmer effizient und mit angepasster Technologie abgewickelt. Da die Ressource unentgeltlich genutzt wird, ist die Entnahme verschwenderisch. Im Gegensatz zur traditionellen Jagd, schöpft die heutige Wilderei außerdem meist mehr als den natürlichen Zuwachs ab.

Dorfwildhüter (hier ein Bild aus dem Selous-Niassa Korridor, Süd-Tansania) finden auf ihren Patrouillen viele Schlingen und beschlagnahmen etliche Gewehre.

Durch das Verbot traditioneller Nutzung wurde das Wild Eigentum der Zentralregierungen und die vorher legitimen Nutzer wurden in die Illegalität abgedrängt. Verschärft wurde die Situation dadurch, dass zahlreiche Schutzgebiete eingerichtet wurden, aus denen die dort lebenden Menschen zwangsweise, und meist entschädigungslos ausgesiedelt wurden. Sie tragen die Kosten des Naturschutzes, ohne Vorteile daraus zu ziehen – eine Umverteilung zu Lasten armer Bevölkerungsgruppen.

Der von den Regierungen praktizierte Naturschutz „gegen“ die Menschen (man spricht in Afrika von einer Politik der „Zäune und Strafen“), fand nirgendwo soziale Akzeptanz. Die meisten modernen Wildschutzkonzepte versuchen deshalb, dieses Konzept wieder in einen Naturschutz „mit“ den Menschen zu überführen und die Betroffenen sowohl an den Entscheidungen zu beteiligen, als auch ihnen wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen.

Das erste praktische, gemeindeorientierte Wildschutzprogramm in Afrika war CAMPFIRE in Simbabwe, das gegen 1990 begann. Danach führte man ähnliche Konzepte in Tansania, Sambia, Mosambik und Namibia ein. Alle diese Strategien beinhalten die Jagd als wichtigste Einnahmequelle. Namibia war am erfolgreichsten, da der Staat sich am wenigsten eingemischt und zugelassen hat, dass die ländlichen Gemeinden von Anfang an die Einnahmen aus der Jagd behalten konnten. Im Ergebnis haben sich die Wildbestände um ein mehrfaches erhöht.

Inwieweit die gemeindeorientierten Strategien der Wildbewirtschaftung den Artenschwund im Wettlauf mit dem Bevölkerungswachstum verlangsamen können, muss sich erweisen. Wunder sollte man nicht erwarten. Die Erfahrungen aus drei  Jahrzehnten mit solchen Programmen zeigen jedoch, dass ohne sie Erfolge beim Erhalt von Wild außerhalb der Nationalparks nicht möglich sind. Die Gegner haben bislang auch keine neue, Erfolg versprechende Alternative angeboten. Sie wollen höchstens zurück zur alten Politik der „Zäune und Strafen“, meistens, weil sie aus ideologischen Gründen gegen die Jagd sind. Die Jagd ist aber nun einmal ein unabdingbarer Bestandteil der gemeindeorientierten Wildbewirtschaftung.

 

Gute Jagdpraxis fördern!

Wenn die Rede auf den Jagdtourismus, und vor allem die Jagd in Afrika kommt, dann fällt es nicht schwer, negative Beispiele zu finden. Vielerorts ist die Nachhaltigkeit nicht gesichert. Da wird zu viel Wild abgeschossen, weil Jagdfirmen mit etwas Bestechungsgeld weitere Lizenzen kaufen können oder zu hohe Abschüsse nicht geahndet werden. Dem staatlichen Wildhüter steckt man im Jagdcamp etwas Trinkgeld zu, und der drückt die Augen zu, wenn der Berufsjäger eine schwache Trophäe in den Busch wirft und den Jagdgast noch ein stärkeres Stück Wild schießen lässt.

Ein besonders trauriges Kapitel ist die Vergabe der lukrativen Jagdblocks in manchen Ländern. So wurden in einem Land Ostafrikas jahrzehntelang die Blocks für eine Gebühr von etwa € 5.000 jährlich, freihändig vom Direktor der Wildschutzbehörde vergeben, obgleich der bei einer Versteigerung erzielbare Marktwert leicht das Zwanzig- oder Dreißigfache betragen hätte. Es ist offensichtlich, was mit der Differenz geschehen ist. Beliebt ist auch die Vergabe von Jagdblocks an Politiker oder nahe Verwandte, der für die Jagd verantwortlichen Beamten. Jedenfalls bleibt in all diesen Fällen nicht genug Geld zum Reinvestieren in den Schutz des Wildes oder für die Menschen vor Ort übrig. Wenn die Erträge auf diese Weise versickern, ist Jagdtourismus nicht zu rechtfertigen.

Als letztes Beispiel sei Südafrika genannt. Hier gibt es inzwischen über 10.000 Wildfarmen und dank der Einnahmen aus der Jagd ist es gelungen, die Wildbestände im Lande wieder zu vervielfachen. Selbst Tierarten, die einst fast ausgestorben waren, wie z.B. der Bontebock, gibt es heute wieder in großen Populationen. Erreicht wurde dies dadurch, dass man den Landbesitzern das Eigentum am Wild übertrug und ihnen die Bejagung erlaubte, die an vielen trockenen Landstrichen mehr einbringt, als die Landwirtschaft und das in einer naturfreundlichen Weise. Keine Frage: Die Jagdfarmen sind eine einmalige Erfolgsgeschichte für Wild und Artenvielfalt. Sie zeigt, dass Jagd Wildtiere wieder von der Roten Liste holen kann. Aber die notwendige Kommerzialisierung hat auch ihre Schattenseiten. Manche Jagdfarmen sind viel zu klein, und von Jagd auf frei lebendes Wild kann nicht mehr die Rede sein. Oder es werden Tierarten gezüchtet, die es in der Natur gar nicht gibt, wie z.B. schwarze Impalas. Auch die Praxis des „put and take“, hat mit Jagd nichts gemein. Dabei lässt man ein speziell gezüchtetes Stück Wild in einem Gehege frei, damit es ein „Jagd“gast tot schießen kann. Wir kennen die Praxis bedauerlicherweise auch in Mitteleuropa. Neuerdings erlauben manche Jagdfarmer, dass zweifelhafte Gestalten aus Vietnam erscheinen, die Nashornjagden buchen, aber nur an der Mitnahme des Horns interessiert sind, um auf diese Weise das internationale Handelsverbot zu umgehen. Am stärksten hat das Bild der Jagd international wohl durch das „canned hunting“ gelitten, also den Abschuss von Tieren im Kleingatter, vor allem von Löwen. Trotz aller Bemühungen der südafrikanischen Behörden, den Abschuss speziell gezüchteter Löwen zu unterbinden, warten in Südafrika derzeit weiterhin 3.000 Großkatzen auf ihre Exekution.

Insgesamt kann man sich manchmal nicht des Eindrucks erwehren, dass die Jagdunternehmen und die Jagdgäste, die bei solchen Praktiken mitwirken, eifrig an dem Ast sägen, auf dem sie selbst sitzen. Kurzfristiges Profitdenken verhindert Nachhaltigkeit, und der Wunsch nach einer dicken Trophäe vernebelt den Verstand. Die schlimmsten Feinde der Jagd sind nicht die Jagdgegner, sondern manche Jäger selbst.

Umso wichtiger ist es, dass die waidgerechten Jäger und auch die Jagdzeitschriften pro nachhaltige Jagd und gegen die genannten kriminellen Handlungen und alle Formen der unethischen Jagd klar Stellung beziehen. Die Nachfrage bestimmt das Angebot an unethischer Jagd. Der CIC hat sich jedenfalls den politischen Einsatz für nachhaltige Jagd weltweit als eine Grundlage für Naturschutz, auf seine Fahnen geschrieben. In Zusammenarbeit mit großen internationalen UN-Organisationen, wie z.B. der Welternährungsorganisation FAO, arbeitet der CIC an der Verbesserung von Jagdgesetzen und Jagdpraxis in Afrika und Asien. Andere Beispiele sind die Entwicklung eines Zertifizierungssystems für den Jagdtourismus oder die Überarbeitung der CIC-Formeln und ihrer Anwendung, um Missbrauch zu verhindern.

 

Was bringt die Zukunft?

Angesichts des anhaltenden Bevölkerungswachstums, der fortbestehenden Strukturprobleme Afrikas und des Entwicklungsbedarfs, bleiben die Aussichten für die langfristige Erhaltung des Wildes und der Biodiversität ungewiss. Neuerdings kommt das Wettrennen nach großen Flächen hinzu, die mit industriell betriebener Landwirtschaft für Nahrungsmittel- und Energiepflanzenproduktion genutzt werden können.

Auch von nachhaltigen, gemeindeorientierten Nutzungskonzepten sind keine Wunder zu erwarten. Korruption, Machtkonzentrationen, ungeeignete rechtliche Rahmenbedingungen und Managementdefizite bei den armen ländlichen Zielgruppen, erschweren Partizipation und Selbstverwaltung und können verhindern, dass ihnen die Vorteile aus der Ressourcennutzung überhaupt zufließen. Marktverzerrungen durch die staatliche Steuer-, Subventions- und Landwirtschaftspolitik behindern die Entwicklung eines Wildwirtschaftssektors ebenfalls.

Der sicherste Garant für Akzeptanz ist letztlich ausreichende wirtschaftliche Attraktivität der Wildwirtschaft. Für die Kleinbauern sind Land- und Viehwirtschaft wichtiger als Wildnutzung. Nur wenn Wild Vorteile erbringt oder zumindest eine wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung zur Landwirtschaft darstellt, wird es sich langfristig als Form nachhaltiger Landnutzung außerhalb geschützter Gebiete behaupten können. Hohe und konkurrenzfähige Erträge sind erfahrungsgemäß aber vor allem vom Jagdtourismus zu erwarten.

Dort wo viel Viehgehalten wird und unkontrollierte Landnahme voranschreitet, bleibt kein Raum für Wildtiere.

Ohne eine stärkere wirtschaftliche Nutzung der natürlichen Ressourcen innerhalb und außerhalb der Schutzgebiete in Afrika, ist die langfristige Erhaltung der Biodiversität ausgeschlossen. Insofern hat die Formel „Use it or Lose it“ ihre Berechtigung, wenn sie auch nicht in jedem Einzelfall anwendbar ist und ökologische Gründe die Nutzung mancher Tierarten oder Biotope ausschließen.

Afrikas Wild, die Erhaltung seiner Lebensräume des Wildes und auch die Menschen, die mit dem Wild zusammen leben und es nutzen wollen, brauchen die Jagd. Jagdtourismus ist eine Form der Naturnutzung, die bei geringer Entnahme besonders hohe Erträge bringt. Jagdtourismus muss aber nachhaltig sein, und die Erträge müssen dem Naturschutz, dem Erhalt der Lebensräume und der dort lebenden Bevölkerung zugute kommen. Dies ist vielerorts der Fall, aber nicht überall. Jäger in aller Welt genauso wie der der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) arbeiten daran, dass dieses Prinzip der nachhaltigen Jagd sich auch in Afrika, trotz aller Widrigkeiten durchsetzt. Die neue Jagdzeitschrift „Jagdzeit International” ist diesen Prinzipien verpflichtet. Es ist wichtig, für diese Form der Trophäenjagd in der Jägerschaft zu werben. Dabei wünscht der CIC der Redaktion viel Erfolg.

 

Dr. Rolf D. Baldus ist Präsident der Kommission Tropenwild im CIC. 
Er war selbst 13 Jahre in Afrika im Wildschutz tätig.

 

Rolf D. Baldus (Hrsg.) „Wild Heart of Africa - The Selous Game Reserve in Tanzania“

288 Seiten mit 500 Fotos und Gemälden von Bodo Meier und Wilhelm Kuhnert

Rowland Ward Johannesburg 2009, 
Preis: € 88,-

Bestellung über Verlag 
Neumann-Neudamm AG
Tel.: 05661-9262.26 
E-Mail: info@neumann-neudamm.de

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