Text: Dr. Rolf D. Baldus
Fotos: Adobe Stock (Ervin Monn, AGAMI)
Damit bald wieder Geier über dem Watzmann kreisen können, will der Landesbund für Vogelschutz in diesem Jahr drei Jungtiere im Nationalpark Berchtesgaden freilassen, bis zu dreißig in den nächsten zehn Jahren. So weit, so gut. Das ist eine schöne Sache, dem ausgestorbenen Bartgeier wieder einen Platz an der Sonne zu verschaffen.
Und dass man die drei kleinen Geierjungen nach dem Schlüpfen ab Mai mit Vorderläufen, Rippen und anderen Knochen erlegter Gämsen füttern will, ist artgemäß und im Grundsatz auch in Ordnung, wenn es sich um nachhaltig erlegte Wildtiere handelt. Diese Einschränkung muss aber sein, denn auch die Gämse ist eine nach europäischem Recht besonders geschützte Wildart.
Am 19. Januar berichtete der Berchtesgadener Anzeiger jedoch mit Bild, dass der Berufsjäger in der Ramsau Vier-Kilo-Fresspakete aus Teilen „einer vor kurzem erlegten Gams“ packt und einfriert, denn: „Es ist die ideale Zeit, um die Kühltruhen zu füllen.“ Die Tierfreunde vom Bund für Vogelschutz haben gerade noch zwei Extra-Gefriertruhen angeschafft. Aber hoppla, ab 16. Dezember hat die Gams in Bayern doch Schonzeit! Immerhin steht sie inzwischen wegen der Gamsreduktion der bayerischen Landesforsten in Deutschland auf der Vorliste zur Roten Liste. Doch im Freistaat gibt es Gebiete, in denen man weiterhin ganzjährig auf das Gamswild Dampf macht. Selbst die nicht zu Übertreibungen neigende FAZ schrieb vom „Irrsinn der mancherorts drohenden Gamsausrottung“.
Hier wird also eine ebenfalls unter besonderem Schutz stehende Wildart mitten in der Notzeit bejagt und abgeschossen, um eine andere zu füttern. Eigentlich braucht sie jetzt alle Kräfte, um im lebensfeindli...